MetaId : 169582 Name (vollständig) : Ida Strohmer
Ida Beck wurde am 5. Mai 1922 in Hegyeshalom (Ungarn) als Tochter von Johann und Ida Beck geboren. Zu Beginn der 1920er-Jahre übersiedelte die Familie nach Wien, spätestens ab 1927 wohnte sie in Währing. Ida arbeitete als Verkäuferin und kurzzeitig auch bei der Straßenbahn. Unmittelbar vor ihrer Verhaftung 1945 war sie im Schuhgeschäft ihres Schwagers tätig. Im Februar 1939 heiratete sie den Elektromonteur Franz Strohmer. Im Juni 1941 kam ihre Tochter namens Renate zur Welt.
Franz Strohmer war schon im Ständestaat und auch nach dem „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland gemeinsam mit seinem Bruder Hans für die sozialdemokratische, später für die kommunistische Partei tätig. Wie weit die Beteiligung Idas an dieser Widerstandstätigkeit ging, verraten uns die vorhandenen Quellen nicht: Ihre starke Mitarbeit können wir aber aus Formulierungen in ihren Briefen sowie aus einem Augenzeugenbericht schließen.
Nach der Hinrichtung ihres Mannes im November 1943 führte Ida gemeinsam mit ihrem Schwager Hans und weiteren Personen die Widerstandstätigkeit im Rahmen der in der Literatur „Gruppe Strohmer“ genannten kommunistischen Widerstandszelle weiter. Die Gruppe versorgte Kriegsgefangene und verhalf ihnen zur Flucht, beschaffte für Flüchtlinge falsche Papiere und betrieb recht weitgehende Industriespionage.[1] Eine Funkverbindung nach London zum Secret Service wurde der Gruppe durch den Verrat eines Doppelagenten mit dem Decknamen „Franke“ zum Verhängnis.
Durch den Verrat Frankes wurde Ida Strohmer am 16. März 1945 gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Widerstandsgruppe verhaftet und ins „Arbeitserziehungslager“ Oberlanzendorf gebracht. Nach brutalen Verhören musste sie gemeinsam mit 13 weiteren Mitstreitern der Gruppe den grausamen Todesmarsch in das KZ Mauthausen erdulden, wo sie am 17. April 1945 in der Gaskammer ermordet wurde.[2]
Das letzte Zeugnis über Ida Strohmer liefert uns ein Augenzeuge, Alfred Pollak, der den Todesmarsch nach Mauthausen mitmachen musste und als einziger aus der Gruppe Strohmer überlebte: „Ida Strohmer bekommt am Fuß eine Sepsis und hält sich doch krampfhaft aufrecht, sie ist trotz der furchtbaren Schicksale, die sie schon mitmachen musste, tapfer. Vor einem Jahr der Ehemann gehenkt, jetzt wieder der Schwager erschossen, sie weiß, dass sie ebenfalls den Tod vor sich hat. Aber sie spricht mit mir von Opernmusik und Burgtheater, als wenn wir keine anderen Sorgen hätten; sie gedenkt mit Tränen ihres verwaisten Kindes und murmelt des Nachts, im Regen auf der kalten Wiese bei einer Rast Arien aus Verdis Toska [sic]. Dann beginnt wieder ein Gespräch über die Widerstandsbewegung und auch da zeigt sich diese bewundernswerte Frau prachtvoll informiert und in allem überzeugt.“[3]
Lukas Sainitzer
Lukas Sainitzer, geb. 1966 in Wien, ist der Enkel von Ida Strohmer und Lehrer für Geschichte und Latein in Wien. Publikation von Schulbüchern, Forschungen zur Schulentwicklung; Autor des Buches Ich trauere nicht um die Jahre über den Widerstand der Wiener Familie Strohmer und der „Gruppe Strohmer“ gegen das NS-Regime.
Literatur:
Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation (Wien 2006).
Lukas Sainitzer: Ich trauere nicht um die Jahre. Dokumentation (Horn/Wien 2012).
Lukas Sainitzer: Die Gruppe Strohmer und der Todesmarsch von Oberlanzendorf nach Mauthausen. In: Bundesministerium für Inneres (Hg.): KZ-Gedenkstätte Mauthausen | Mauthausen Memorial 2013. Forschung, Dokumentation, Information (Wien 2014), S. 71–81.
Quellen:
[1] Privatarchiv Otto Molden, NL 7/Do 21, Mappe XIX; Rot-Weiß-Rot-Buch. Darstellungen, Dokumente und Nachweise zur Vorgeschichte und Geschichte der Okkupation Österreichs (nach amtlichen Quellen), Erster Teil (Wien 1946), S. 157.
[2] Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation (Wien 2006), S. 385.
[3] Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, 20000/H383, S. 4.
Ida Beck was born on 5 May 1922 in Hegyeshalom (Hungary), the daughter of Johann and Ida Beck. At the beginning of the 1920s the family moved to Vienna and was living in the Währing district from 1927 at the latest. Ida worked as a sales assistant and also on the trams for a short time. Just before her arrest in 1945 she was an employee in the shoe shop owned by her brother-in-law. In February 1939 she married the electrician Franz Strohmer. In June 1941 their daughter, named Renate, was born.
Franz Strohmer, together with his brother Hans, was already active during the austrofascist Ständestaat period as well as after the ‘annexation’ of Austria to Nazi Germany on behalf of the social democratic and later the communist party. The available sources do not reveal the extent of Ida’s participation in this resistance activity. We can, however, deduce a high level of involvement from the wording in her letters and from an eye-witness report.
After the execution of her husband in November 1943, Ida, together with her brother-in-law Hans and some others, carried on with resistance activities as part of the communist resistance cell referred to in the literature as ‘Gruppe Strohmer’. The group looked after prisoners of war and helped them to escape, procured forged documents for refugees and took part in quite serious industrial espionage.[1] The group’s downfall was a radio connection to the Secret Service in London, which was betrayed by a double agent with the code name ‘Franke’.
Through Franke’s betrayal, Ida Stroher was arrested on 16 March 1945 along with other members of the resistance group and was taken to the Oberlanzendorf ‘work education camp’. Following brutal interrogation she and 13 other comrades from the group were forced to endure the cruel death march to Mauthausen concentration camp, where she was murdered on 17 April 1945 in the gas chamber.[2]
The last report of Ida Strohmer comes from an eye-witness, Alfred Pollak, who also took part in the death march to Mauthausen and was the only member of the ‘Gruppe Strohmer’ to survive: ‘Ida Strohmer develops septicaemia in her foot and yet still doggedly stays on her feet. Despite the terrible fate that she’s already endured, she remains brave. The husband hanged a year ago, now the brother-in-law shot as well, she knows that she too faces death. Yet she talks to me of opera music and the Burgtheater as if we had no other cares; she thinks of her orphaned child with tears and at night, in the rain on the cold field where we rest, she mumbles arias from Verdi’s Tosca. Then a conversation strikes up again about the resistance movement and here too, this admirable woman is marvellously well-informed and thoroughly convinced.’[3]
Mag. Dr. Lukas SANITZER (*1966, Vienna): grandson of Ida Strohmer, history and Latin teacher in Vienna. Dr. phil awarded for a thesis on the life of Wilbirgis des Einwik Weizlan. Publication of school text books, research on school development; author of the book ‘Ich trauere nicht um die Jahre’ about the Viennese Strohmer family’s and the Gruppe Strohmer’s resistance to the Nazi regime.
References:
Sainitzer, Lukas: Ich trauere nicht um die Jahre. Dokumentation (Horn/Vienna 2012) Sainitzer, Lukas: Die Gruppe Strohmer und der Todesmarsch von Oberlanzendorf nach Mauthausen. In: Bundesministerium für Inneres (ed.): KZ-Gedenkstätte Mauthausen | Mauthausen Memorial 2013. Forschung, Dokumentation, Information (Vienna 2014) p. 71–81
[1] Privatarchiv Otto Molden, NL 7/Do 21, Mappe XIX; Rot-Weiß-Rot-Buch. Darstellungen, Dokumente und Nachweise zur Vorgeschichte und Geschichte der Okkupation Österreichs (nach amtlichen Quellen), Erster Teil (Vienna 1946), p. 157.
[2] Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation (Vienna 42006), p. 385.
[3] Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, DÖW 20000/H383, p. 4.